Ein politisches Beben bahnt sich an, und sein Epizentrum liegt nicht in Berlin, sondern in Potsdam. Ein Vorgang, der weitgehend unter dem Radar der nationalen Aufmerksamkeit stattgefunden hat, entwickelt sich zu einer der explosivsten politischen Abstimmungen des Jahres. Es geht um nicht weniger als die Zukunft des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR). Ein neuer Medienänderungsstaatsvertrag, der von allen 16 Bundesländern einstimmig ratifiziert werden muss, droht am Widerstand Brandenburgs zu scheitern. Sollte dies geschehen, wäre die Reform bundesweit gestoppt – eine Blamage für die Ministerpräsidenten und ein potenzieller Wendepunkt in der deutschen Medienlandschaft.
m Mittelpunkt dieses Dramas steht eine Zerreißprobe innerhalb der ungewöhnlichen Brandenburger Regierungskoalition aus SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sowie ein parlamentarischer Krimi, bei dem es auf jede einzelne Stimme ankommt.

Das “Reformchen”, das keine sein soll
Auf dem Papier klingt die Reform, die monatelang in den Staatskanzleien und von Kommissionen wie der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) und der KEK (Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich) ausgehandelt wurde, nach einem Schritt in die richtige Richtung. Von mehr Transparenz, mehr Aufsicht und mehr Demokratie ist die Rede. Doch Kritiker, die sich nun lautstark aus Brandenburg zu Wort melden, bezeichnen das Paket als “Reformchen”, als reine “Camouflage”.
Der Kernvorwurf, der unter anderem von politischen Beobachtern und den reformkritischen Parteien erhoben wird, lautet: Statt echter Strukturreformen und einer kritischen Auseinandersetzung mit Inhalten und Ausrichtung, zementiere der neue Vertrag vor allem den Status quo. Mehr noch, er schaffe Fakten, die das System für die Bürger noch unantastbarer machen würden.
Der wohl brisanteste Punkt ist die geplante Neuregelung der Beitragsfinanzierung. Während Erhöhungen des Rundfunkbeitrags bisher noch mühsam politisch debattiert und von den Landtagen genehmigt werden mussten – was immer wieder zu öffentlichen Konflikten führte, wie das Beinahe-Scheitern in Sachsen-Anhalt vor einigen Jahren zeigte –, soll nun ein geschmeidigerer Mechanismus greifen. Nach Informationen von Kritikern soll sich die künftige Erhöhung an einem Index orientieren, ähnlich der automatischen Anpassung von Bundestagsdiäten, die an die Gehälter von Bundesrichtern gekoppelt sind. Dies würde zukünftige Erhöhungen weitgehend der öffentlichen und parlamentarischen Debatte entziehen. Für die Kritiker ist dies der eigentliche, unakzeptable Kern der Reform: eine automatische, garantierte Finanzsteigerung, verpackt in wohlklingende Worte von Transparenz.
m Mittelpunkt dieses Dramas steht eine Zerreißprobe innerhalb der ungewöhnlichen Brandenburger Regierungskoalition aus SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sowie ein parlamentarischer Krimi, bei dem es auf jede einzelne Stimme ankommt.

Das “Reformchen”, das keine sein soll
Auf dem Papier klingt die Reform, die monatelang in den Staatskanzleien und von Kommissionen wie der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) und der KEK (Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich) ausgehandelt wurde, nach einem Schritt in die richtige Richtung. Von mehr Transparenz, mehr Aufsicht und mehr Demokratie ist die Rede. Doch Kritiker, die sich nun lautstark aus Brandenburg zu Wort melden, bezeichnen das Paket als “Reformchen”, als reine “Camouflage”.
Der Kernvorwurf, der unter anderem von politischen Beobachtern und den reformkritischen Parteien erhoben wird, lautet: Statt echter Strukturreformen und einer kritischen Auseinandersetzung mit Inhalten und Ausrichtung, zementiere der neue Vertrag vor allem den Status quo. Mehr noch, er schaffe Fakten, die das System für die Bürger noch unantastbarer machen würden.
Der wohl brisanteste Punkt ist die geplante Neuregelung der Beitragsfinanzierung. Während Erhöhungen des Rundfunkbeitrags bisher noch mühsam politisch debattiert und von den Landtagen genehmigt werden mussten – was immer wieder zu öffentlichen Konflikten führte, wie das Beinahe-Scheitern in Sachsen-Anhalt vor einigen Jahren zeigte –, soll nun ein geschmeidigerer Mechanismus greifen. Nach Informationen von Kritikern soll sich die künftige Erhöhung an einem Index orientieren, ähnlich der automatischen Anpassung von Bundestagsdiäten, die an die Gehälter von Bundesrichtern gekoppelt sind. Dies würde zukünftige Erhöhungen weitgehend der öffentlichen und parlamentarischen Debatte entziehen. Für die Kritiker ist dies der eigentliche, unakzeptable Kern der Reform: eine automatische, garantierte Finanzsteigerung, verpackt in wohlklingende Worte von Transparenz.
Die politische Bombe in Potsdam
Hier kommt Brandenburg ins Spiel. Die Ratifizierung eines Staatsvertrags erfordert die Zustimmung des Landtages. Und die Mehrheitsverhältnisse in Potsdam sind kompliziert. Die Regierungskoalition aus SPD und BSW steht auf wackligen Füßen, insbesondere bei einem Thema, das so ideologisch aufgeladen ist wie der ÖRR.
Die AfD-Fraktion, als starke Oppositionskraft, hat ihre Ablehnung des “GEZ-Systems” zu einem ihrer Kernthemen gemacht. Ihre 30 Stimmen (Zahlen können je nach Quelle leicht variieren) sind ein fester “Nein”-Block. Die Sensation ist jedoch, dass die BSW-Fraktion, als Teil der Regierung, nun ebenfalls öffentlich auf Konfrontationskurs geht.
In einer offiziellen Stellungnahme, die von BSW-Abgeordneten im Landtag verlesen wurde, zerpflückte die Fraktion den vorliegenden Entwurf. Man sehe in dem Vertrag keine “tiefgreifenden Reformen”, die notwendig wären, um “alle Teile der Gesellschaft anzusprechen”. Die zentralen Fragen blieben unbeantwortet: Wie sichert man “verschiedene Blickwinkel” und “unterschiedliche Meinungen” in den Redaktionen? Wie gewährleistet man “echte Unabhängigkeit von der Politik” in den Aufsichtsgremien? Wie schafft man Transparenz bei Gehältern? Und wie verhindert man eine Bürokratie, die Apparate dominiert? Da der Vertrag “keine dieser Fragen” beantworte, könne man ihm nicht zustimmen.

Diese öffentliche Distanzierung des BSW von einem zentralen Regierungsvorhaben ist ein Affront gegen den Koalitionspartner SPD unter Ministerpräsident Dietmar Woidke. Sie schafft eine paradoxe Situation: Eine Regierungspartei (BSW) und die größte Oppositionspartei (AfD) finden sich in einer De-facto-Allianz gegen die Reform wieder.
Ein Mann, eine Stimme: Das Krumbach-Dilemma
Wäre die BSW-Fraktion geschlossen, wäre die Sache klar. Addiert man die Stimmen von AfD und BSW, käme man auf eine Mehrheit von 44 Stimmen (30 AfD, 14 BSW). Die Reform wäre damit gescheitert. Doch das politische Drama in Brandenburg ist kein einfacher Fraktionskampf, es ist ein Stück über Loyalität, Gewissen und Koalitionszwang, und es hat einen Protagonisten: Robert Krumbach.
Robert Krumbach ist nicht nur einfacher Abgeordneter des BSW. Er ist zugleich der Minister der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg, vereidigt im SPD-geführten Kabinett. In dieser Funktion als Kabinettsmitglied hat er dem Medienänderungsstaatsvertrag bereits zugestimmt. Nun steht er vor einer unmöglichen Wahl: Stimmt er mit seiner Fraktion (BSW) gegen die Reform und brüskiert damit den Ministerpräsidenten und die gesamte Regierung, der er angehört? Oder stimmt er, wie im Kabinett zugesagt, für die Reform und bricht damit offen mit seiner eigenen BSW-Fraktion?
Nach aktuellen Informationen von Beobachtern des Landtagsgeschehens hat Krumbach signalisiert, dass er für die Reform stimmen wird. Das “Hemd” des Ministeramtes sei ihm “näher als die Hose” der Fraktionsdisziplin, wie es ein Kommentator ausdrückte.
Sollte dies eintreten, ändert sich die gesamte Arithmetik. Die “Nein”-Front würde um eine Stimme schrumpfen (43). Die “Ja”-Front würde um eine Stimme wachsen. Es entstünde ein Patt von 44 zu 44. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. Die Reform würde also auch bei einem 44:44-Patt scheitern.
Die undurchsichtige Rolle der CDU
Das Spiel ist jedoch noch komplizierter. Denn die Rechnung 44:44 setzt voraus, dass alle anderen Parteien geschlossen für die Reform stimmen. Während dies bei der SPD und den Grünen als sicher gilt, ist die Position der Brandenburger CDU undurchsichtig. Als Oppositionspartei könnte die CDU die Regierung ebenfalls vorführen und gegen die Reform stimmen. Schließlich, so argumentieren Kritiker, werde die Union vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk oft nicht besser behandelt als die AfD und habe in der Vergangenheit ebenfalls massive “Shitstorms” und einseitige Berichterstattung erduldet.
Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die CDU-Fraktion, allen internen Unmuts zum Trotz, als “staatstragende” Kraft im letzten Moment “in die Bresche springen” und der Reform zur Mehrheit verhelfen wird. Die CDU-Führung, so die Analyse, fürchte den Chaos-Vorwurf mehr als die Nachteile einer als mangelhaft erkannten Reform.
Sollte also Krumbach (BSW) mit “Ja” stimmen und die CDU-Fraktion ebenfalls geschlossen mit “Ja” stimmen, würde die Reform mit 45 zu 43 Stimmen knapp angenommen.
Das Schicksal des Staatsvertrags hängt somit an zwei seidenen Fäden: dem Gewissen eines einzelnen BSW-Ministers und der Fraktionsdisziplin der oppositionellen CDU. Jede Abweichung, jede Abwesenheit, jede Enthaltung am Abstimmungstag könnte das fragile Gleichgewicht kippen.

Ein “Schauspiel” oder echte Zerreißprobe?
In der politischen Szene wird nun heftig debattiert, wie authentisch der Widerstand des BSW überhaupt ist. Der AfD-Abgeordnete Dennis Holoch bezeichnete den Vorgang als “Schauspiel”. Er argumentiert, das Ganze sei ein abgekartetes Spiel: Das BSW dürfe öffentlichkeitswirksam “Nein” sagen und sich bei seinen Wählern profilieren, während der eine Abweichler (Krumbach) sicherstelle, dass die Koalition mit der SPD nicht platzt und die Reform dennoch durchkommt.
Dem widersprechen jedoch andere Beobachter vehement. Journalisten, die nach eigenen Angaben über gute Kontakte ins BSW verfügen, berichten von einer “gelinde gesagt” katastrophalen Stimmung in der Fraktion. Man habe “mit Brief und Siegel” versichert, dass es keine Absprache mit der SPD gebe. Im Gegenteil, man habe intensiv versucht, Robert Krumbach zu überzeugen, mit der Fraktion zu stimmen, sei aber an dessen Sturheit oder dessen Loyalität zum Ministeramt gescheitert. Der Bruch sei echt und stelle eine ernste Belastung für die Koalition dar.
Unabhängig davon, welche Version der Wahrheit näherkommt, offenbart der Vorgang die tiefen Gräben, die sich durch die deutsche Politik ziehen. Die Weigerung der etablierten Parteien, neue Kräfte wie die AfD oder das BSW in die Aufsichtsgremien des Rundfunks zu integrieren, wird von diesen als Beleg für die Einseitigkeit des Systems gewertet. Solange die Gremien, die über Inhalte und Posten entscheiden, ausschließlich mit Vertretern der “Altparteien” besetzt seien, so die Argumentation, könne von einer ausgewogenen Berichterstattung keine Rede sein.
Die Abstimmung in Brandenburg, wann immer sie genau stattfinden wird, ist damit zu einem Lackmustest geworden. Es ist ein Kampf um Milliarden von Euro, um politischen Einfluss und um die zukünftige Definition von “öffentlichem Auftrag” in Deutschland. Und es ist ein Krimi, bei dem am Ende eine einzige Stimme über Sieg oder Niederlage eines ganzen Systems entscheiden könnte.